Als ich gestern Abend in Nairobi ankomme, holt Br.Jacques, der unsere Neugruendung auf Kuba leiten wird, mich am Bus ab. Br.James ist auch mitgekommen, denn es ist grundsaetzlich nicht empfehlenswert, alleine in Nairobi unterwegs zu sein, auch tagsueber nicht. Wir wohnen im Studienhaus der Benediktiner in Langata. Anfang des Monats wurde P.Pius, der Leiter des Studienhauses, am helllichten Vormittag in seinem Buero ueberfallen und ausgeraubt. Ein Priester im benachbarten Studienhaus der Consolata-Missionare wurde, ebenfalls diesen Monat, bei einem ganz aehnlichen Ueberfall ermordet.
Jacques erzaehlt mir heute Morgen von seinen Weihnachtsferien letztes Jahr: Er war im Westen des Landes auf der Rueckreise nach Nairobi. Es war die Zeit nach den gefaelschten Wahlen. Der Kandidat des Kikuyu-Stammes hatte die Wahlen angeblich gewonnen, sein Gegner vom Luo-Stamm forderte „Gerechtigkeit“. In den Wohngebieten der Luo verstand man unter „Gerechtigkeit“ das Umbringen aller erreichbaren Kikuyu. Auch Jacques sah sich von mordluesternen Luo umringt. Da er kein Luo spricht, hielt man ihn fuer einen Kikuyu. Zum Glueck schritt der Pfarrer ein, und man brachte Jacques fuer ein paar Tage ins Pfarrhaus in Sicherheit. Der Pfarrer konnte den Leuten schliesslich klarmachen, dass Jacques aus Togo stammt, aus Westafrika, Welten von Kenia entfernt. Daraufhin schlug die Stimmung um, bei der Sonntagskollekte wurde sogar fuer Jacques gesammelt. „Du meinst, dass die Leute, die dich umbringen wollten, gute Katholiken waren ?“, frage ich. – „Ja, damals haben auch viele Pfarrer ‚Gerechtigkeit‘ gepredigt.“
Es gab eine Untersuchungskommission, die Namen der Politiker, die von der Kommission fuer schuldig gehalten werden, sind in einem verschlossenen Umschlag an Kofi Annan uebergeben worden. Es sind Minister der jetzigen Regierung darunter. Heute stand in der Zeitung, dass diese Minister im Amt bleiben duerfen, bis die weiteren Untersuchungen eines Sondergerichts abgeschlossen sind. Die Regierung hat natuerlich alles Interesse daran, die Untersuchungen zu lange wie moeglich zu verschleppen.