Die Zahl der Feiertag ist hier in einem ständigen Auf und Ab begriffen. Vor einigen Jahren war es noch so, dass Feiertage, die auf das Wochenende fielen, am kommenden Montag nachgeholt wurden. Dann hat man gemeint, dies schade der Wirtschaft, weil ja Arbeitszeit ausfällt, und hat diese Regelung abgeschafft. Jetzt scheint man zu meinen, dass es zu wenig Feiertage gibt. In diesem Jahr gibt es daher zwei Feiertage mehr als noch im letzten. Der eine ist dem ersten Präsidenten des Landesteils Sansibar gewidmet, der zweite findet heute statt, das muslimische Id el-Fitr (Ramadan-Fest) wird in diesem Jahr zum ersten Mal an zwei Tagen gefeiert, aus diesem Anlass seien der anderen großen Religion hier in Tansania ein paar Zeilen gewidmet.
Muslimische Araber sind schon vor 1000 Jahren als seefahrende Händler an der Küste eingetroffen, dabei hat sich eine arabisch-afrikanische Mischkultur mit blühenden Stadtstaaten und der Sprache Suaheli (das heißt „Küstensprache“) entwickelt. Die Sprache ist von der Grammatik her afrikanisch, hat aber sehr viele arabische Wörter. Die Araber galten als zivilisiert (das Wort „Ust-arabu“, also „Arabisch-Sein“ heißt bis heute „Zivilisation“), die Bewohner des Hinterlandes waren die Shenzi, die Wilden. Einige Schüler hier in Peramiho kommen von der Küste, und man merkt ihnen auch heute noch an, dass sie von ihrem Elternhaus mehr an Bildung und Selbstbewusstsein mitbekommen haben, als die Schüler, die hier aus der Gegend selbst stammen. Wer damals „zivilisiert“ sein wollte, nahm natürlich auch den Islam an. Im Hinterland machten sich die islamischen Händler allerdings nicht so besonders beliebt, denn ihre „Ware“ waren vor allem dessen Bewohner, die als Sklaven verkauft wurden.
Die Bewohner unserer Gegend, die Ngoni, traten nach der Ankunft der Missionare recht schnell zum Christentum über. Die Bevölkerung 30 km weiter östlich von hier, also gerade östlich der Bezirksstadt Songea, dagegen entschied sich mehrheitlich für den Islam. Über die Gründe für diese Entscheidung gibt es zwei Theorien. Die eine sagt, dass sie von den Ngoni lange unterdrückt worden waren, und deshalb eine andere Religion annehmen wollten als ihre Unterdrücker. Die andere Theorie gibt dem ersten Abt von Peramiho, Gallus Steiger, die „Schuld“, der nämlich in den 1920er und 30er Jahren nicht genügend Missionare nach Osten geschickt habe. Er habe sich ganz darauf konzentriert, die Gegend westlich von Peramiho, bis hin zum Nyasa-See, zu missionieren, weil er den anglikanischen Missionaren dort zuvorkommen wollte. In Peramiho erzählt man bis heute, er habe gesagt, „Schmeißt die Anglikaner in den Nyasa-See“.
Die seltsamen Zeiten, in denen man den fremden Glauben vor allem als Konkurrenz empfand, die man bekämpfen müsste, sind in Bezug auf die anglikanischen Christen sicherlich überwunden. Auch in Bezug auf die Muslime scheint sich das Verhältnis gebessert zu haben – sowohl der afrikanische P.Stephan, der gestern die Messe gefeiert hat, als auch der deutsche P.Dieter, der heute an der Reihe war, haben das muslimische Fest mit sehr freundlichen Worten erwähnt, und auch ich habe heute meiner einzigen muslimischen Schülerin, Shakila, freundlich gratuliert. Ohne zu wissen, dass heute Feiertag sein würde, hatte ich letzte Woche angeboten, dass Schülerinnen, die noch für das praktische Examen üben wollten, heute Morgen in den Physikraum kommen könnten – alle sind gekommen, denn das Examen nächste Woche macht sie ziemlich nervös.
Das Foto zeigt die wichtigsten Kirchen (mit einem K markiert, links die evangelisch-lutherische, rechts die katholische) und Moscheen (mit einem M markiert, links die auf dem Foto von gestern) in Dar es-Salaam.