Weihnachten in Peramiho

Die Dinge, die einen normalerweise in Weihnachtsstimmung versetzen, fehlen hier: Die Tage sind genauso lang wie sonst auch, das Wetter ist jetzt – während der Regenzeit – ungefähr wie bei uns in einem verregneten Juli, allerdings mit ein paar Stunden Sonnenschein pro Tag. Weihnachtsschmuck in den Straßen ist praktisch unbekannt, nur in der Kirche hier sind am Sonntag plötzlich Weihnachtsbäume (Zedern) „gewachsen“ (siehe Bild), obwohl sie eigentlich hier wenig Sinn machen, da in der Regenzeit sowieso alles grünt und blüht.

Um 19 Uhr wird hier die Christmette gefeiert, auf der einen Seite im Mönchschor sitzen die Mönche, gegenüber die Schwestern. Auf der Empore darüber viele Kinder, im Hauptschiff vorne der Kirchenchor, dahinter die Gemeinde. Am Anfang werden Psalmen gesungen, alles recht ordentlich und europäisch-ruhig. Zum Gloria schlägt dann die Stimmung um, der Chor nimmt das Heft in die Hand, singt und tanzt dazu, der Chorleiter bläst auf einem sehr langen Horn sehr urtümliche Töne, die Messdiener machen mit den Messglöckchen einen Lärm, der fast den Gesang übertönt. Ich musste an die Beschreibung aus dem Jahr 1898 denken, die ich gerade gelesen hatte: „with much singing, stomping and shouting so that the very air was trembling“ – „mit viel Gesang, Gestampfe und Geschrei, so dass selbst die Luft bebte“ tanzten die Wangoni mitten in der Nacht, nachdem die frisch angekommenen Benediktiner die erste Weihnachtsmesse in Peramiho gefeiert hatten.

Alles wirkt sehr afrikanisch in diesem Gottesdienst, aber Feste feiern können die Afrikaner wirklich. Danach, so gegen 21:30 Uhr gibt es dann noch ein ziemlich europäisches Festessen im Kloster. Nach einer Stunde ist auch das zu Ende, der Abt: „Jetzt ist es etwas später geworden, also singen wir nur noch ein Lied.“ Darauf stimmen die Afrikaner „Stille Nacht“ an – ich traue meinen Ohren nicht: Auf Deutsch !

Der nächste Eintrag kommt erst am 29., denn morgen geht es erst einmal an den Nyassasee – Ferien !

4 Antworten to “Weihnachten in Peramiho”

  1. susanne Says:

    erstmal: happy xmas, robert!

    und dann: meine erfahrung mit „stille nacht“ auf deutsch in afrika:

    ich habe einmal, im süden sambias, weihnachten mitfeiern dürfen. die mette dauerte ewig, war aber – trotz keiner verstandenen worte – wunderbar: mit vielen kindern, die im krippenspiel die schafe spielten und blökend durch die kirche krabbelnden, sowie mit einem anrührenden ritus, in dem nach dem verlesen des weihnachtsevangeliums ein frisch verheiratetes paar das winzige holzjesuskind innig durch die kirche trugen, um es in die aufgebaute weihnachtskrippe zu legen.
    mir als einziger deutschen (und einer von nicht mehr als drei europäerinnen) in der überfüllten kirche wurd dann nochmal ganz anders, als nach der kommunion der pfarrer unterm altar verschwand („was mag das für ein besonderer ritus werden?“). zuerst war dann ein knistern zu hören und dann -etwas scheppernd weil von einem für die kirche viel zu kleinen kassettenrekorder – boney m. mit „stille nacht“ auf deutsch!
    die gemeinde guckte irritiert, weil nun sie die worte nicht verstand –
    und ich konnte zum erstenmal diesem kitsch-hoch-zwölf-lied etwas abgewinnen und hab mich über die überraschung sehr gefreut (-:

    schöne grüße aus einem ziemlich kalten aachen mit sehnsucht nach amerikanischen weihnachtsliedern wie „rudolph the red-nosed reindeer“ oder „suzy snowflake“ im afrikanischen busch,

    susanne

  2. rsk6400 Says:

    Endlich jemand, der mich verstehen kann 😉

  3. Georg Kahner Says:

    Hallo Robert!
    Ich bin durch Zufall auf Deine Seiten gestoßen, und konnte nicht anders, als sie von vorne bis hinten zu lesen. Dabei habe ich immer an meine (leider nur kurze) Aufenthalte in Tansania gedacht. Bei dem Thema Weihnachten fiel mir ein, daß ich ebenfalls schon mal einen Heilig Abend in Ndanda verbracht hatte.
    Ich werde bei Gelegenheit wiedere mal auf Deine Seiten schauen, um weiterzulesen, wie es Dir in Tansania geht.

    Viele Grüße aus dem Sauerland von
    Georg Kahner

  4. Zweite Weihnacht auf Kuba « Ein Mescheder auf Kuba Says:

    […] Letztes Jahr habe ich über die Sensation berichtet, dass im größten Kaufhaus der Innenstadt ein Weihnachtsbaum zu sehen war. Dieses Jahr gibt es fast überall Weihnachtsbäume oder anderen Schmuck in allen Abstufungen von geschmackvoll (eher selten) bis nordamerikanisch-kitschig (eher häufig). Sogar die kleine Bäckerei, wo wir immer unsere Brötchen kaufen, ist geschmückt: Eine Luftschlange ist an die Wand hinter dem Tresen genagelt. In den Kirchen wird der Weihnachtsbaum (aus Plastik, gerne mit blinkenden Lämpchen) schon Mitte Dezember aufgestellt. Das alles kommt mir recht komisch vor, denn auf Kuba sind alle Bäume das ganze Jahr über grün, im Moment ist es zwar etwas kühler, aber Temperaturen unter 5 Grad plus kommen in Havanna nie vor, nicht einmal am frühen Morgen. Das „weiße Zeugs“ zu Füßen des Weihnachtsmannes auf dem Foto ist für den Kubaner also unbekannt, und „Merry Christmas“ kann er sowieso nicht aussprechen. Das Interesse für die deutsche Art, Weihnachten zu feiern, ist groß: Dienstag habe ich einen Vortrag vor einer Pfarrgemeinde auf dem Land gehalten, die erste Frage im Anschluss lautete, wie denn Weihnachten in Deutschland gefeiert würde. Eine Sängerin unseres Kirchenchores, hat mich vor der Christmette nach dem Text von „Noche de Paz“ auf Deutsch gefragt. Der Leser und die Leserin wird sich wohl denken können, welches international bekannte deutsche (bzw. österreichische) Weihnachtslied sich hinter dem spanischen Titel „Nacht des Friedens“ verbirgt. In Deutschland finde ich es ja immer sehr kitschig, aber es hier in der Christmette auf Deutsch zu hören, war dann doch schön. (Siehe auch das Weihnachtsfest in Peramiho vor drei Jahren.) […]

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